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Somme

 
 

Zwischen dem 1. Juli und 25. November 1916 tobt in Nordfrankreich die Somme-Schlacht. Diese wird Ende 1915 von den Franzosen und Briten als riesige Offensive beider Armeen geplant, wegen des deutschen Angriffs bei Verdun dann aber zum größten Teil von britischen Truppen bestritten. Der erste Tag der Schlacht ist zugleich der verlustreichste in der Geschichte der britischen Armee.

Am 1. Juli strömen jährlich zahlreiche britische, Schlachtenbummler, Gedächtnispilger und Neugierige nach La Boisselle, einem kleinen Ort nördlich von Péronne in Nordfrankreich. Sie legen den Fußweg zum "Großen Krater" zurück, der sich 400 Meter entfernt inmitten der Rübenfelder der Somme auftut. "Lochnagar" nennen die Briten dieses riesige Loch, 21 Meter tief und mit einem Durchmesser von 91 Metern. Sie legen kleine Kränze oder Holzkreuze ab, oft auch Grußkarten mit den Worten "Thank you".

Der Lochnagar-Krater aus der Luft
Der Lochnagar-Krater heute
© picture alliance/Mary Evans Picture Library

Der Große Krater von La Boisselle (Lochnagar-Krater) ist nicht nur der größte Minenkrater des Kriegs, sondern auch eines der stärksten Embleme der Somme-Schlacht. Am 1. Juli 1916 um 7.28 Uhr sprengen britische Einheiten hier 27 Tonnen Sprengstoff in einem Tunnel unter der deutschen Stellung "Schwabenhöhe" in die Luft. Die Zündung dieser und 16 weiterer Minen ist das Signal zum Generalangriff der britischen und französischen Truppen gegen die deutschen Stellungen, der um 7.30 Uhr erfolgt.

20.000 Tote am ersten Tag


Der erste Tag der Schlacht wird zum Desaster für die britische Armee. Auf einem Frontabschnitt von 20 Kilometern Länge lassen nahezu 20.000 britische Soldaten ihr Leben, etwa doppelt so viele werden verwundet. Die Briten haben geglaubt, dass nach einem siebentägigen Beschuss von eineinhalb Millionen Granaten nicht nur die Stacheldrahtverhaue, sondern auch die deutschen Stellungen zerstört seien. Diese sind aber so fachmännisch gebaut, dass fast alle Maschinengewehrstellungen in ihren Betonbunkern erhalten geblieben sind und die britischen Soldaten beim Angriff reihenweise niedergeschossen werden. Das ist und bleibt ein Menetekel des britischen Militärs, und bis heute verstummt die Kritik an diesem sinnlosen Opfer nicht.

Truppen des britischen Regiments
Truppen des britischen Regiments "Lancashire Fusiliers" im Schützengraben bereiten sich auf den Angriff vor, 1. Juli 1916.
© picture alliance/Mary Evans Picture Library

Trotz der enormen Verluste Anfang Juli denkt der britische Oberbefehlshaber Douglas Haig nicht daran, die Offensive abzubrechen. Er setzt stattdessen auf weitere Abnutzungskämpfe, die eine erneute Angriffswelle Mitte September einläuten. Auch diesmal misslingt der Durchbruch, obwohl erstmals eine neue Waffe zum Einsatz kommt: der Panzer. Weitere Offensiven Ende September und ab Mitte November bringen auch nicht den erhofften Erfolg. Schließlich werden am 25. November die Kämpfe an der Somme eingestellt.

Der britische Oberbefehlshaber Douglas Haig (links) mit dem französischen General Antoine
Der britische Oberbefehlshaber Douglas Haig (links) mit dem französischen General Antoine
© LOOKSfilm

Die Bilanz der Somme-Schlacht ist verheerend: Nach 150 Tagen hat die British Expeditionary Force der deutschen Armee einen schmalen Streifen von gerade mal zehn Kilometern auf einer Länge von 35 Kilometern abtrotzen können, dafür aber nahezu 420.000 Tote und Verwundete eingebüßt. Frankreich hat 200.000 Opfer zu beklagen, die deutschen Verluste belaufen sich auf fast 500.000 Mann. Es ist die verlustreichste Schlacht des gesamten Krieges.

Das Gefallenendenkmal von Thiepval


Fünf Kilometer nördlich von La Boisselle liegt der Ort Thiepval. Hier wird 1932 ein Gefallenendenkmal für die britischen Soldaten eingeweiht, das die ganze Gegend überragt. In die weiße Kalksteinverkleidung der gigantischen Torbögen sind die Namen von mehr als 72.000 britischen und südafrikanischen Soldaten eingemeißelt, die nicht mehr aufgefunden oder identifiziert werden konnten. Unzählige Pilger tragen sich hier jedes Jahr in das Gästebuch ein. Sie bringen Blumen, oft Mohnblumen aus Stoff, mit zur Erinnerung an den 1. Juli 1916. Damals waren die Felder, auf denen die Soldaten starben, mit Mohnblumen übersät.

Deutsche Soldaten vor ihren Stellungen an der Somme
Deutsche "Somme-Kämpfer" im August 1916
© LOOKS/drakegoodman

Den deutschen Soldaten an der Somme ist kein Denkmal gewidmet. Ihre Gebeine sind auf den großen Soldatenfriedhöfen von Fricourt, Rancourt und Proyart zusammengelegt worden, wo der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge für ein würdiges Bild sorgt. Diese "Somme-Kämpfer", wie sie sich selber stolz nannten, sind weitestgehend in Vergessenheit geraten. Sie kämpften mit größter Zähigkeit in der Überzeugung, auf den Feldern der Picardie einen "Wall aus Eisen und Feuer" angelegt zu haben, damit der zerstörerische Krieg nicht auch noch in Deutschland Einzug hält. Das ist das Motiv des Durchhaltens - nicht nur in der großen Somme-Schlacht von 1916.